CSR heute: Sind gute Taten messbar?

Fühlt sich ein Unternehmen durch den CSR-Trend zu guten Taten inspiriert, stellt sich zuallererst die Frage, welche Dinge innerhalb der eigenen vier Wände und im Rahmen der eigenen Geschäftsprozesse zum Besseren verändert werden können. Dr. Laura Marie Schons vom Lehrstuhl für Corporate Social Responsibility der Universität Mannheim erklärt, was gesellschaftliche Verantwortung für Unternehmen heute bedeutet, wie CSR Manager die neuen Herausforderungen an Unternehmen unter einen Hut bringen und ob gute Taten tatsächlich messbar sind.

 

Was bedeutet CSR heute und wofür setzt sich Ihr Institut in besonderer Weise ein?
Dr. Laura Marie Schons: Unternehmen werden immer mehr nicht nur als „Profitmaschinen“ betrachtet, sondern als Netzwerk von Akteuren, die verschiedene, und potentiell im Konflikt zueinander stehende Interessen haben. Nehmen wir das Beispiel von Mitarbeitern und Kunden. Wenn das Management die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter verbessert, entstehen dadurch Kosten, die sich in gesteigerten Produktpreisen niederschlagen können. Viele „kundenzentrierte“ Unternehmen stehen deshalb in der Kritik, zu wenig für das Wohl ihrer Mitarbeiter zu tun. Manager stehen vor der Herausforderung, diese verschiedensten Interessen und Bedürfnisse der Stakeholder verantwortungsvoll unter einen Hut zu bringen. Das heißt nicht nur darauf zu schauen, welche Entscheidung den Gewinn des Unternehmens maximiert, sondern, welche der Bedürfnisse der verschiedenen Interessengruppen am dringendsten und legitimsten sind. Besonders komplex wird es, wenn man versucht, die Interessen von solchen Gruppen mit in Entscheidungen einfließen zu lassen, die nicht für sich selber sprechen können, wie zum Beispiel die Natur, Tiere, oder zukünftige Generationen. Verantwortlich zu wirtschaften bedeutet dabei, dieser neuen und schwierigen Rolle so gut wie möglich gerecht zu werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verständnis von Unternehmensverantwortung und damit die Erwartungen, die an Unternehmen gestellt werden, dramatisch verändert. Dadurch ergibt sich auch ein akuter Bedarf und empirischer Forschung, um diese neuen Erwartungen zu verstehen und zu eruieren, wie Unternehmen am besten auf sie reagieren können. Genau das tun wir tagtäglich an unserem Lehrstuhl, oft in direkter Zusammenarbeit mit der Unternehmenspraxis.

Was sollte ein Unternehmen tun, um gesellschaftlich verantwortlich zu handeln?
Dr. Laura Marie Schons: Wenn wir uns die Märkte anschauen, erkennen wir schnell, dass die proaktive Kommunikation von guten Taten durch Unternehmen ein Trend ist. Einige Unternehmen sind hierdurch in Versuchung, auf den Zug aufzuspringen, indem sie schnell implementierbare CSR Aktivitäten aufsetzen, die vom Kern der Unternehmung völlig entkoppelt sind. Einige Unternehmen entscheiden sich zum Beispiel dafür, sich für philanthropische Zwecke zu engagieren, ohne dabei ihre eigenen Wertschöpfungsprozesse auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortlichkeit zu prüfen. Es gibt ein Ergebnis, das sich in vielen unserer empirischen Studien immer wieder herauskristallisiert hat. Wenn ein Unternehmen sich durch den CSR Trend zu guten Taten inspiriert fühlt, sollte das Management zuerst überprüfen, welche Dinge innerhalb der eigenen vier Wände oder im Rahmen der eigenen Geschäftsprozesse zum Besseren verändert werden können. Wenn offensichtlich ist, dass ein Unternehmen nur auf den CSR-Zug aufspringen will, um sich Wettbewerbsvorteile zu erwirtschaften, wird dies zu negativen Reaktionen durch die wichtigsten Stakeholdergruppen führen. Mitarbeiter und Kunden betrachten solche scheinheiligen Aktivitäten mit einer starken Skepsis und reduzieren als Folge ihre Unterstützung für das Unternehmen.

Wie äußert sich diese Skepsis?
Dr. Laura Marie Schons: In unseren Studien zeigt sich dies auf Kundenebene durch eine reduzierte Identifikation mit dem Unternehmen und in einem gesunkenen realen Einkaufsvolumen. Auf Mitarbeiterebene steigen die emotionale Erschöpfung und die Kündigungsabsicht an, wenn die CSR Strategie des Unternehmens als scheinheilig wahrgenommen wird. In vielen weiteren Studien haben wir uns mit sehr viel spezifischeren Fragen des CSR Managements beschäftigt und die Effektivität von realen CSR Management- und Kommunikationsstrategien von Unternehmen untersucht. Hierbei haben wir in viele Fällen zusammen mit den Unternehmen überrascht feststellen müssen, dass die aktuelle Praxis nicht immer die optimalen Strategien gewählt hat.

Lässt sich die Wirksamkeit von CSR-Maßnahmen messen?
Dr. Laura Marie Schons: Diese Frage möchte ich mit einem klaren JA beantworten. Am besten sollten diese Tests schon vor der Durchführung einer Maßnahme unter Verwendung von repräsentativen Stichproben von zum Beispiel Kunden oder Mitarbeitern des Unternehmens durchgeführt werden. Wir haben zusammen mit Unternehmen aber auch direkt im Feld geforscht. Besonders empfehlenswert ist hier ein experimenteller Ansatz. Führt man eine bestimmte Maßnahme unter vergleichbaren Bedingungen in einer Gruppe durch und in einer anderen nicht, so kann der Effekt der Maßnahme auf wichtige zu erklärende Größen direkt messbar gemacht werden. Trotz der Einfachheit dieser Idee wird in Unternehmen viel zu wenig experimentiert.

 

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