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„Es hilft, sich vorzunehmen, nicht immer den Profit maximieren zu müssen“

Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Raubbau an der Natur und ständige Ressourcen-Optimierung haben langfristig verheerende Folgen für unsere Gesellschaft. Doch was können Unternehmen dagegen tun? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Dr. Bernward Gesang. Der Mannheimer Ethik-Experte erklärt im Interview, warum nachhaltiges Wachstum und eine Maximierung des Wohlergehens aller Betroffenen auch ökonomisch bessere Ziele sind.

 

„Corporate Social Responsibility“ – ein Anglizismus, der nötig ist?
Prof. Gesang: Ich bevorzuge einen ganz basalen Definitionsansatz, der all die vielen Differenzierungen auf dem ‚Markt‘ unterläuft. Ich fasse CSR als Unternehmensethik und fertig. Es geht also bei CSR um die ethische Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Weltgesellschaft und dasselbe meint Unternehmensethik.

Wann sind CSR-Maßnahmen Ihrer Meinung nach sinnvoll und glaubhaft?
Prof. Gesang: Insbesondere, wenn ein Unternehmen sich ganzheitlich ethisch engagiert. Das heißt, zum Beispiel die gesamte Produktion ethisch ausrichtet. Wenn eine große deutsche Ökohandelskette ein neues Hochregallager baut, das wenig Energie verbraucht, wäre es noch überzeugender zu sagen, das Unternehmen hat dieses Lager und füllt es größtenteils über die Schiene. Wenn das Lager effizient ist, aber zu 100% durch normale LKW´s befüllt wird, ist die Gesamtökobilanz von Warentransport und Lagerung nicht überzeugend. Man muss ja nicht für jedes Problem eine 100%ige Lösung haben, aber wenn das Bemühen erkennbar wird, alle Abläufe auf Nachhaltigkeit und Verletzung der Menschenrechte zu überprüfen, wäre schon viel erreicht. Wenn nur Einzelmaßnahmen ergriffen und beworben werden, entsteht hingegen schnell der Eindruck, Greenwashing zu betreiben. Wenn ein Unternehmen sich zudem an substantielle Änderungen wagt, die nicht wieder eindeutig als Win-Win-Strategie zu Buche schlagen, ist dies ebenso günstig für die Glaubwürdigkeit. Letztlich sollte es dem Unternehmen einfach darum gehen, die Welt zu verbessern, mit CSR-Maßnahmen aber besser noch durch seinen Unternehmenszweck, und nicht glaubwürdig zu erscheinen, dann wird es automatisch nebenbei glaubwürdig.

Warum gestaltet sich unsere gegenwärtige Verhandlungskultur in Bezug auf gesellschaftlich verantwortliches Wirtschaften häufig unsolidarisch?
Prof. Gesang: Jeder versucht seine Interessen zu optimieren und die verschiedenen Akteure sind unterschiedlich stark dazu in der Lage. So entsteht das Gegenteil von Solidarität.

Ihr Ausweg aus dem Dilemma?
Prof. Gesang: Man kann sicher nicht immer seine Interessen zurückstellen, aber moralisch handelt man eben, wenn man alle Interessen gleichberechtigt und unparteiisch behandelt. Sonst ist man schlicht unmoralisch und das ist einem entweder egal oder es stört. Wenn es stört, sollte man es abstellen. Dazu hilft, sich für den Anfang vorzunehmen, nicht immer den Profit maximieren zu müssen, sondern auch mal zugunsten wichtiger Sachen etwas zurückstecken zu können und Profit dafür auf weniger wichtigen Sektoren zu maximieren. In meinem neuen Buch „Wirtschaftsethik und Menschenrechte“ (Anm. d. Red.: UTB 2016) versuche ich zu zeigen, was wichtig ist und was weniger.

Mehr über Prof. Dr. Bernward Gesang und seine Ansatz-übergreifenden Idee, die auch Praktikern Orientierung für das ökonomische Handeln geben, hier

 

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