„Wir brauchen weniger Pfadfindertum“

Konstanze Frölich arbeitet seit vielen Jahren im Bereich Kulturmanagement, PR und Öffentlichkeitsarbeit für Organisationen und Unternehmen wie HBV und Allianz, ist Leiterin des Schwäbischen Kunstsommers und als PR-Beraterin und Projektmanagerin am Aufbau des Masterstudiengangs der Fakultät „Master of ethical Management“ der Universität Eichstätt/Ingolstadt beteiligt. Sie hält regelmäßig Vorträge zur digitalen Kultur und Kommunikation im Kontext von Unternehmensethik. Darüber hinaus ist sie schriftstellerisch tätig. Ihr neuster Roman „Der Gute Cellist“ thematisiert Fragen der Ethik, Kunst und Wirtschaft. Mit SPONSORT sprach sie über den Unterschied zwischen Charity und CSR, die Zukunft des Wirtschaftens und die Risiken unternehmerischen Pfadfindertums.

 

Das Verständnis von CSR hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Was ist das Ziel der „Corporate Social Responsibility“?
Konstanze Frölich: Die Definition eines Begriffes wie CSR beinhaltet bereits eine Grenzziehung. Derzeit geht es beim Begriff CSR in Unternehmen um eine von der wirtschaftlichen Aktivität abgetrennte Verantwortung, deren Ziel das Soziale ist. In einem sehr ursprünglichen Verständnis von Wirtschaft und Gesellschaft ist aber die Wirtschaft Teil der Gesellschaft und damit auch Handelnder im sozialen Sinn. Die Fragen nach gesellschaftlicher Verantwortung, die sich ein einzelnes Individuum stellen muss, gelten also in diesem Verständnis auch für größere Gruppen und Unternehmen. Wie sehr beeinflusst mein Tun die Gesellschaft und in welcher Hinsicht? Fördere ich das Wohlbefinden und den Wohlstand der Gesellschaft?

Für die moderne Zeit sind diese Begrifflichkeiten und Verständnisse von Gesellschaft im Wandel. Eine Gesellschaft im abgegrenzten Sinn – lokal, sozial – wird immer schwieriger in Zeiten digitaler Vernetzung. Unternehmen handeln global und haben damit auch globale Verantwortung. Meine Definition ist mehr im Begriff „corporate citizenship“ enthalten. Ich glaube, dass die Zukunft des Wirtschaftens auch eine solche Verantwortung stärker betrachten wird.

Nach der Begriffsarbeit und Konzeption von CSR kam auch die empirisch-praktische Dimension hinzu. Wann sind Ihrer Meinung nach „gute Taten“ von Unternehmen glaubwürdig?

Konstanze Frölich: ,Gute‘ Taten einzelner Menschen oder auch von Organisationen sind gleichermaßen glaubwürdig, wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen ehrlich gemeint sind. Nach bestem Wissen heißt, ein Schaden, der zum Zeitpunkt des Handelns noch nicht ersichtlich war, kann nicht im Nachhinein die Glaubwürdigkeit des Handelns in Frage stellen. Nach bestem Gewissen bedeutet, hier gibt es ethische Normen und Grundverständnisse, die wohl kulturell unterschiedlich sind. Welcher Maßstab angewandt wird, ist zu diskutieren. Eine gute Tat hat das uneigennützige Wohl eines anderen im Blickwinkel. Solche Definitionsfragen sind schwierig und auch meiner Meinung nicht sehr zielführend. Ist es also notwendig, darüber zu diskutieren, ob der Bau von Unternehmenskindergärten eine gute Tat ist oder lediglich eine Unterstützung der Mitarbeiter mit Kindern, damit sie besser leistungsfähig sind? Reicht nicht das soziale Handeln, wenn Unternehmen in ihren Produktionsländern mit NGOs an verbesserten sozialen Lösungen arbeiten, auch wenn man es nicht als klassische ,gute Tat‘ bezeichnen könnte? Meiner Meinung nach brauchen wir weniger Pfadfindertum als ein gemeinsames Verständnis von Grenzen und Möglichkeiten des Menschseins, das über Bildung und Dialog erreicht werden kann.

Welche Komponente spielt die Solidarität in unserer heutigen Gesellschaft?
Konstanze Frölich: Solidarität ist ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft. Die vielen verschiedenen Formen der Solidarität garantieren ein Grundverständnis vom Gemeinsamen. Eine komplett individualisierte ego- und anthropozentrische Weltsicht ist auf Dauer zerstörerisch für Mensch und Umwelt.

Bei all den Versuchen, CSR-Maßnahmen strategisch zu planen und zu messen – wann macht Solidarität Spaß?
Konstanze Frölich: Eigentlich sollte Solidarität immer Spaß machen, denn sie lässt den Einzelnen Gemeinsamkeit erfahren. Die Einsamkeit ist ein großer Schmerz. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, die sich in Gruppen, Vereinen und Interessensverbänden zusammenschließen, sich dabei sehr wohl fühlen. Eine solidarische Pflicht kann manchmal gefordert sein, oft ist es aber nur das Einhalten eines Vertrags, ob man das dann ,Solidarität‘ nennen soll, ist wieder eine andere Frage. Solidarität wird unter Menschen gegeben, die einander auf Augenhöhe begegnen und sich damit Respekt erweisen. Es ist eben anders als ,Barmherzigkeit‘, also charity, bei der es ein ,Oben‘ und ein ,Unten‘ gibt, einen reichen ,Gebenden‘ und einen armen ,Nehmenden‘. Deswegen bringt Solidarität allen Teilen der daran Beteiligten mehr Wohlbefinden. Solidarität kann jedoch nicht verordnet oder appellativ gefordert werden. Sie muss, wie gute Erziehung, wie Kultur, erlebt, geübt und erfahren werden.

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