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Prof. Dr. Bernward Gesang

„Es hilft, sich vorzunehmen, nicht immer den Profit maximieren zu müssen“

Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Raubbau an der Natur und ständige Ressourcen-Optimierung haben langfristig verheerende Folgen für unsere Gesellschaft. Doch was können Unternehmen dagegen tun? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Dr. Bernward Gesang. Der Mannheimer Ethik-Experte erklärt im Interview, warum nachhaltiges Wachstum und eine Maximierung des Wohlergehens aller Betroffenen auch ökonomisch bessere Ziele sind.

 

„Corporate Social Responsibility“ – ein Anglizismus, der nötig ist?
Prof. Gesang: Ich bevorzuge einen ganz basalen Definitionsansatz, der all die vielen Differenzierungen auf dem ‚Markt‘ unterläuft. Ich fasse CSR als Unternehmensethik und fertig. Es geht also bei CSR um die ethische Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Weltgesellschaft und dasselbe meint Unternehmensethik.

Wann sind CSR-Maßnahmen Ihrer Meinung nach sinnvoll und glaubhaft?
Prof. Gesang: Insbesondere, wenn ein Unternehmen sich ganzheitlich ethisch engagiert. Das heißt, zum Beispiel die gesamte Produktion ethisch ausrichtet. Wenn eine große deutsche Ökohandelskette ein neues Hochregallager baut, das wenig Energie verbraucht, wäre es noch überzeugender zu sagen, das Unternehmen hat dieses Lager und füllt es größtenteils über die Schiene. Wenn das Lager effizient ist, aber zu 100% durch normale LKW´s befüllt wird, ist die Gesamtökobilanz von Warentransport und Lagerung nicht überzeugend. Man muss ja nicht für jedes Problem eine 100%ige Lösung haben, aber wenn das Bemühen erkennbar wird, alle Abläufe auf Nachhaltigkeit und Verletzung der Menschenrechte zu überprüfen, wäre schon viel erreicht. Wenn nur Einzelmaßnahmen ergriffen und beworben werden, entsteht hingegen schnell der Eindruck, Greenwashing zu betreiben. Wenn ein Unternehmen sich zudem an substantielle Änderungen wagt, die nicht wieder eindeutig als Win-Win-Strategie zu Buche schlagen, ist dies ebenso günstig für die Glaubwürdigkeit. Letztlich sollte es dem Unternehmen einfach darum gehen, die Welt zu verbessern, mit CSR-Maßnahmen aber besser noch durch seinen Unternehmenszweck, und nicht glaubwürdig zu erscheinen, dann wird es automatisch nebenbei glaubwürdig.

Warum gestaltet sich unsere gegenwärtige Verhandlungskultur in Bezug auf gesellschaftlich verantwortliches Wirtschaften häufig unsolidarisch?
Prof. Gesang: Jeder versucht seine Interessen zu optimieren und die verschiedenen Akteure sind unterschiedlich stark dazu in der Lage. So entsteht das Gegenteil von Solidarität.

Ihr Ausweg aus dem Dilemma?
Prof. Gesang: Man kann sicher nicht immer seine Interessen zurückstellen, aber moralisch handelt man eben, wenn man alle Interessen gleichberechtigt und unparteiisch behandelt. Sonst ist man schlicht unmoralisch und das ist einem entweder egal oder es stört. Wenn es stört, sollte man es abstellen. Dazu hilft, sich für den Anfang vorzunehmen, nicht immer den Profit maximieren zu müssen, sondern auch mal zugunsten wichtiger Sachen etwas zurückstecken zu können und Profit dafür auf weniger wichtigen Sektoren zu maximieren. In meinem neuen Buch „Wirtschaftsethik und Menschenrechte“ (Anm. d. Red.: UTB 2016) versuche ich zu zeigen, was wichtig ist und was weniger.

Mehr über Prof. Dr. Bernward Gesang und seine Ansatz-übergreifenden Idee, die auch Praktikern Orientierung für das ökonomische Handeln geben, hier

 

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„Wir brauchen weniger Pfadfindertum“

Konstanze Frölich arbeitet seit vielen Jahren im Bereich Kulturmanagement, PR und Öffentlichkeitsarbeit für Organisationen und Unternehmen wie HBV und Allianz, ist Leiterin des Schwäbischen Kunstsommers und als PR-Beraterin und Projektmanagerin am Aufbau des Masterstudiengangs der Fakultät „Master of ethical Management“ der Universität Eichstätt/Ingolstadt beteiligt. Sie hält regelmäßig Vorträge zur digitalen Kultur und Kommunikation im Kontext von Unternehmensethik. Darüber hinaus ist sie schriftstellerisch tätig. Ihr neuster Roman „Der Gute Cellist“ thematisiert Fragen der Ethik, Kunst und Wirtschaft. Mit SPONSORT sprach sie über den Unterschied zwischen Charity und CSR, die Zukunft des Wirtschaftens und die Risiken unternehmerischen Pfadfindertums.

 

Das Verständnis von CSR hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Was ist das Ziel der „Corporate Social Responsibility“?
Konstanze Frölich: Die Definition eines Begriffes wie CSR beinhaltet bereits eine Grenzziehung. Derzeit geht es beim Begriff CSR in Unternehmen um eine von der wirtschaftlichen Aktivität abgetrennte Verantwortung, deren Ziel das Soziale ist. In einem sehr ursprünglichen Verständnis von Wirtschaft und Gesellschaft ist aber die Wirtschaft Teil der Gesellschaft und damit auch Handelnder im sozialen Sinn. Die Fragen nach gesellschaftlicher Verantwortung, die sich ein einzelnes Individuum stellen muss, gelten also in diesem Verständnis auch für größere Gruppen und Unternehmen. Wie sehr beeinflusst mein Tun die Gesellschaft und in welcher Hinsicht? Fördere ich das Wohlbefinden und den Wohlstand der Gesellschaft?

Für die moderne Zeit sind diese Begrifflichkeiten und Verständnisse von Gesellschaft im Wandel. Eine Gesellschaft im abgegrenzten Sinn – lokal, sozial – wird immer schwieriger in Zeiten digitaler Vernetzung. Unternehmen handeln global und haben damit auch globale Verantwortung. Meine Definition ist mehr im Begriff „corporate citizenship“ enthalten. Ich glaube, dass die Zukunft des Wirtschaftens auch eine solche Verantwortung stärker betrachten wird.

Nach der Begriffsarbeit und Konzeption von CSR kam auch die empirisch-praktische Dimension hinzu. Wann sind Ihrer Meinung nach „gute Taten“ von Unternehmen glaubwürdig?

Konstanze Frölich: ,Gute‘ Taten einzelner Menschen oder auch von Organisationen sind gleichermaßen glaubwürdig, wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen ehrlich gemeint sind. Nach bestem Wissen heißt, ein Schaden, der zum Zeitpunkt des Handelns noch nicht ersichtlich war, kann nicht im Nachhinein die Glaubwürdigkeit des Handelns in Frage stellen. Nach bestem Gewissen bedeutet, hier gibt es ethische Normen und Grundverständnisse, die wohl kulturell unterschiedlich sind. Welcher Maßstab angewandt wird, ist zu diskutieren. Eine gute Tat hat das uneigennützige Wohl eines anderen im Blickwinkel. Solche Definitionsfragen sind schwierig und auch meiner Meinung nicht sehr zielführend. Ist es also notwendig, darüber zu diskutieren, ob der Bau von Unternehmenskindergärten eine gute Tat ist oder lediglich eine Unterstützung der Mitarbeiter mit Kindern, damit sie besser leistungsfähig sind? Reicht nicht das soziale Handeln, wenn Unternehmen in ihren Produktionsländern mit NGOs an verbesserten sozialen Lösungen arbeiten, auch wenn man es nicht als klassische ,gute Tat‘ bezeichnen könnte? Meiner Meinung nach brauchen wir weniger Pfadfindertum als ein gemeinsames Verständnis von Grenzen und Möglichkeiten des Menschseins, das über Bildung und Dialog erreicht werden kann.

Welche Komponente spielt die Solidarität in unserer heutigen Gesellschaft?
Konstanze Frölich: Solidarität ist ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft. Die vielen verschiedenen Formen der Solidarität garantieren ein Grundverständnis vom Gemeinsamen. Eine komplett individualisierte ego- und anthropozentrische Weltsicht ist auf Dauer zerstörerisch für Mensch und Umwelt.

Bei all den Versuchen, CSR-Maßnahmen strategisch zu planen und zu messen – wann macht Solidarität Spaß?
Konstanze Frölich: Eigentlich sollte Solidarität immer Spaß machen, denn sie lässt den Einzelnen Gemeinsamkeit erfahren. Die Einsamkeit ist ein großer Schmerz. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, die sich in Gruppen, Vereinen und Interessensverbänden zusammenschließen, sich dabei sehr wohl fühlen. Eine solidarische Pflicht kann manchmal gefordert sein, oft ist es aber nur das Einhalten eines Vertrags, ob man das dann ,Solidarität‘ nennen soll, ist wieder eine andere Frage. Solidarität wird unter Menschen gegeben, die einander auf Augenhöhe begegnen und sich damit Respekt erweisen. Es ist eben anders als ,Barmherzigkeit‘, also charity, bei der es ein ,Oben‘ und ein ,Unten‘ gibt, einen reichen ,Gebenden‘ und einen armen ,Nehmenden‘. Deswegen bringt Solidarität allen Teilen der daran Beteiligten mehr Wohlbefinden. Solidarität kann jedoch nicht verordnet oder appellativ gefordert werden. Sie muss, wie gute Erziehung, wie Kultur, erlebt, geübt und erfahren werden.

Mehr über Konstanze Frölich hier

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Peter Hertweck

„Wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter ausbeutet, wird die CSR zur Farce“

Ökonomie neu denken: Peter Hertweck möchte Unternehmen mit konkreten Problemlösungen motivieren, neue Wege zu gehen, im Spannungsfeld von Wirtschaft, Gesellschaft und Mensch. Er entwickelt kreative Konzepte, die ökonomische und menschliche Interessen integrieren. Im Interview erzählt der CSR-Experte, Autor und Vorsitzende von BWS Consultants, wann CSR-Maßnahmen glaubhaft sind und wie sich Fehler in der Kommunikation einfach vermeiden lassen.

 

Das Verständnis von CSR hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Wie definieren Sie Corporate Social Responsibility? 
Peter Hertweck: CSR finde ich grundsätzlich sehr gut. Es gilt aber, die Grundhaltung dazu zu betrachten. Wie Augustinus sagte:  Liebe und tue was du willst – wenn ich aus solch einer Haltung heraus handle ist CSR das richtige, wenn die Haltung oder der Geist dahinter der falsche ist, führt das in eine Sackgasse.

Menschen und Unternehmen suchen nach Orientierung. Wann sind CSR-Maßnahmen glaubhaft?
Peter Hertweck: Orientierung finden setzt voraus, dass ich die wesentlichen Paramater verstehe, die für meine Zukunftsgestaltung wichtig sind. Das gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmen. Auch hier kommt es auf die dahinter stehende Grundhaltung an und da mache ich Fragezeichen. Monsanto macht CSR-Maßnahmen und ist da ordentlich unterwegs. Da Monsanto aber Bauern weltweit ausbeutet und knechtet, wird die CSR zur Farce.

Glaubhaftigkeit und Vertrauen sind wichtige Kriterien der CSR. Glauben mit Wirtschaft verbinden – geht denn das?
Peter Hertweck: Das kommt darauf an. Glauben und Vertrauen wirken wechselseitig, verändern und lassen sich meiner Meinung nach in die Wirtschaft integrieren. Die Kultur und das Verständnis dafür braucht es aber, und davon sind wir derzeit weit entfernt. Wir haben heute Sicherheitsmaßnahmen auf Spielplätzen, Arbeitsplätzen und in Schulen und trotzdem nehmen die Panikattacken und Angstsyndrome lawinenartig zu.  85 Prozent der Menschen leiden an Depressionen und Ängsten und das ist eine gesellschaftliche Zeitbombe. Begegnungen mit dem Herzen machen stattdessen vieles leichter und sind eine bewährte Methode gegen Misstrauen, Missgunst und Eifersucht.

Strategien hierfür zu entwickeln bedeutet zunächst, sehr breit Informationen zu bedenken um dann dort in die Tiefe zu gehen, wo es sinnvoll erscheint. Nehmen Sie die Commerzbank. Die haben sämtliche Prozesse im Unternehmen hervorragend controlled und das spart eine ganze Menge Geld. Auf der anderen Seite beschäftigt das Unternehmen 50 Psychologen und Sozialarbeiter mit Bruttolohnkosten von 5 Millionen Euro im Jahr, nur um die größten und akutesten seelischen Probleme bei den Mitarbeitern aufzufangen. Krankheitskosten und Fehlzeiten sind darin nicht berücksichtigt. Unter diesen Vorzeichen ist das Unternehmen und das Geschäftsmodell zur Fehlentwicklung oder gar zum Scheitern verurteilt. Und dieser Fehler passiert heute bei so vielen Unternehmen.

Was ist das Ziel Ihrer Arbeit? Sie haben jüngst eine Werteakademie gegründet.
Peter Hertweck: Die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft schreiten voran. Dies ist mir besonders auf meiner Reise nach Israel, mit vielen Gesprächen mit unterschiedlichen Nationalitäten, Religionen, Unternehmern etc., bewusst geworden. In den arabischen Ländern sind 60 Prozent der Menschen unter 16 Jahre alt und bei den Palästinensern haben 95 Prozent keinerlei Bildung. Die Veränderungen für die Zukunft werden deutlich und die bekommen wir auch hier hautnah in unserer Region zu spüren. So gibt es eine Vielzahl von Schulen und Kindergärten, in denen Deutsche längst zur Minderheit geworden sind. Aber auch unter Deutschen hat die Anspruchsmentalität die Verantwortungsethik – es kommt nicht nur darauf an, es gut zu meinen, sondern die Folgen des Handelns richtig abzuschätzen – abgelöst.

Mit der WerteAkademie versuchen wir, die Kultur gerade der mittelständischen Unternehmensführung wirtschaftlich nutzbar und erlebbar zu machen. Auf diese Weise soll diese Unternehmenskultur Entwicklungen in Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschadt positiv beeinflussen und zu mehr Miteinander führen. Qualifizieren, Know-how- und Generationentransfer sind wichtige Elemente dabei. Die Akademie konzentriert sich auf das Vorhandensein einer sozialen Verantwortung von Unternehmen , das werteorientierte Führen von Mitarbeitern und den respektvollen Umgang mit Kunden, Geschäftspartnern und Gesellschaft. Durch das Hervorheben der Wertewelt und den dadurch entstehenden nachhaltigen Wandel im Denken wird Erfolg für das Unternehmen steuerbar. Die Akademie legt außerdem Wert auf die Persönlichkeiten von Unternehmern, Aus- und Weiterbildung von Führungskräften, die durch das Vorleben von sozialer Verantwortung, Selbst-Bewusstsein und Konsequenz motivierte und loyale Mitarbeiter führen.

Mehr über Peter Hertweck und die Werteakademie hier

 

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„Fremd im eigenen Land“ – Warum ein neues Veranstaltungsformat für die Migrationsdebatte nötig ist

Menschen wandern ein, Menschen wandern ab. Ein neues Format der Begegnung zwischen Geflüchteten, Stadtentwicklern, Politikern, Pädagogen und Psychologen rufen die Ideenbringer Alexander Bartmann, Körpertherapeut aus Eberbach, und Dr. Christina West, Stadtforscherin an der Universität Heidelberg, am kommenden Samstag in Eberbach ins Leben. Wie lassen sich aktuelle Herausforderungen durch Migration, Vertreibung und Flucht in unserer Region – und ganz konkret in Eberbach – lösen? Hier kommen neben Experten aus der Region endlich auch betroffene Menschen als Referenten zu Wort. Statt des üblichen Podium-Publikums-Formats möchte der Expertentag „Fremd im eigenen Land“ kommunikationsfördernde Ansätze präsentieren. Warum neue Möglichkeiten für Bürgerengagement heute wichtiger sind denn je, und wofür sich das Projekt Unterstützung wünscht, erklären die Ideenbringer im Interview.

 

Herr Bartmann, Frau Dr. West und Sie koordinieren gemeinsam den ersten ExpertenTag Eberbach. Warum sollen neue Denkräume geschaffen werden für die Themen Migration und Kulturwandel?
Alexander Bartmann: Weil beide Bewegungen, Migration und Strukturwandel, zusammengedacht werden müssen, um für Städte wie Eberbach Lösungen in punkto Zukunftsperspektive und Lebensqualität zu erzeugen. Eberbach ist das Mittelzentrum im Einzugsbereich von Heidelberg und Mannheim mit demografischen und strukturellen Problemen und mit mittlerweile fast 500 Flüchtlingen. Wir sind persönlich und beruflich für Fragen der Veränderung und des Strukturwandels im Kleinen wie im Großen sensibilisiert und am Begleiten und Gelingen von Veränderungsprozessen interessiert. So entstand ein neues Veranstaltungsformat mit einer neuen Form der Auseinandersetzung, das am 18. Juni 2016 erstmalig in Eberbach erprobt wird.

Was ist der Unterschied zu anderen Formaten?
Dr. Christina West: Wir können auf Schrumpfungs- und auf Verlagerungsprozesse in Eberbach nicht mit dem immer Gleichen ’mehr, größer, schneller, weiter’ antworten. Es sollen neue Denkräume eröffnet werden, die neue Ansätze möglich machen. Wir wollen das Thema nicht von vornherein engführen, nicht nur wirtschaftliche Aspekte in den Blick nehmen. Denn diese einseitigen Diskurse gibt es überall. Da verliert man das Spannende. Wir können auf globale Strukturen nicht mit alten Konzepten, mit der alten Denke antworten, wenn wir den gesellschaftlichen Wandel steuern und die vorhandene Dynamik dafür nutzen wollen. Die Ökonomie ist nur ein kleiner Baustein der Dynamik. Es kommt beim Expertentag Eberbach darauf an, die in der Wissensgesellschaft reichlich vorhandene Expertise zu nutzen.

Ist das nicht abgehoben?
Alexander Bartmann: Nein, es geht hier um Multiperspektivität, die wir nur gemeinsam mit Experten aus verschiedenen Bereichen und mit selbst betroffenen Menschen erreichen können. Platte Botschaften und politische Rede wollen wir vermeiden. Wir peilen konkrete Ergebnisse an, Anregungen für Schulen und die Ermutigung aller Ehren- und Hauptamtlichen Flüchtlingshelfer durch gebündelte Projektarbeit.

Wofür benötigen Sie Unterstützung?
Alexander Bartmann: Alle bisherigen Aktivitäten waren ohne Budget. Aktuell weisen wir noch einen Fehlbetrag von knapp 2300 Euro auf, in der radikal und schmerzlich abgespeckten Version, also ganz und gar ohne Verpflegung, immer noch einen Fehlbetrag von 620 Euro. Um das Projekt weiterführen zu können, möchten wir um Unterstützung und Spenden bitten.

Mehr über das Projekt hier

Wer dabei sein möchte, kommt zum ExpertenTag „Fremd im eigenen Land – Beheimatet in der Fremde“ am 18. Juni 2016 von 09:30 bis 20:00 Uhr in die Theordor-Frey-Schule in Eberbach.

Bildquelle: Rhein-Neckar Zeitung

 

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„Vertrauen wächst nicht durch CSR, sondern durch das Nicht-Enttäuschen von Erwartungen“

In CSR steckt Responsibility und damit Verantwortung. Oft ist aber unklar, wie die guten Traditionen verantwortlichen Wirtschaftens und gesellschaftlichen Engagements mit dem CSR-Trend zusammen hängen. Gerade Unternehmen des Mittelstands sind oft skeptisch und zwar zu recht, sagt Prof. Dr. Joachim Fetzer, Vorstand des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik. Dabei kommt es nur auf die richtige Konzeption und realistische Erwartungen an. Denn verantwortliche Unternehmen sind so nötig wie nie zuvor.

 

Was bedeutet CSR heute für Sie?
Prof. Fetzer: Ich spreche eigentlich lieber von Unternehmensverantwortung statt von CSR. Aber Corporate Social Responsibility ist nun mal in der Welt, getriggert vor allem von den Aktivitäten der EU-Kommission seit 2001. Darunter wird Unterschiedliches verstanden und man redet oft aneinander vorbei. Ich würde drei Inhalte unterscheiden. Das eine nenne ich Add-On-CSR: Das sind konkrete Maßnahmen und Projekte vom Kultursponsoring bis zur Katastrophenhilfe, mit denen Unternehmen zeigen, dass sie gute Bürger sind, dass sie sich in der nahen Region oder der Ferne engagieren und dass man ihnen vertrauen kann. Betont wird das freiwillige Engagement. Die EU-Definition von 2004 geht in diese Richtung.

Das zweite ist die Daily-CSR und enspricht der ganz anderen EU-Definition von 2011. Es geht darum, dass Unternehmen für die Folgen ihres alltäglichen Handelns, daher: daily, Verantwortung übernehmen und vor allem, dass sie sich diese Folgen bewusst machen. Wissen wir, was in der oft weltweiten Lieferkette passiert? Welche Auswirkung haben unsere Standortentscheidungen für das regionale Umfeld? Ist unser Marketing verantwortbar? Die Diskussion über Berichterstattung von Unternehmen zu nicht-finanziellen Aspekten ist ein strittiges Detail dieser CSR-Definition.

Das dritte wäre Development-CSR: Wo sehen wir gesellschaftliche Aufgaben, zu denen wir durch Produkt- und Prozessinnovationen etwas beitragen können? Wohin will sich unser Unternehmen entwickeln? Wie können wir innovative Beiträge zur Nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft leisten und dabei unser Unternehmen auf die Zukunftsmärkte vorbereiten? Manche sprechen hier auch von „Creating Shared Value“, also Werte für die Gesellschaft schaffen und dabei den Unternehmenswert erhöhen.

Das sind drei sehr unterschiedliche Ausprägungen von CSR, die alle ihre Berechtigung haben. Aber man sollte sagen, wovon man spricht.

Gibt es typische Fehler im CSR-Management?
Prof. Fetzer: Der Hauptfehler wäre, nicht zu wissen, was man eigentlich tut und was jetzt das Vordringliche ist. CSR liegt heute quasi in der Luft. Politik fordert und manche Berater empfehlen einfach ‚mehr CSR‘. Die Versuchung liegt also nahe, zu sagen ‚Heute macht jeder CSR, da müssen wir auch was machen. Was für eine Aktion können wir machen?‘ Das ist unnötig und kann kontraproduktiv sein.

Ein drastisches Beispiel: Wenn in einer Abteilung die Stimmung schlecht ist, die Prozesse nicht funktionieren, Mitarbeiter Führungsdefizite erleben und Führungskräfte zwischen Erfolgszielen und Angst-besetzter Unternehmenskultur eingeklemmt sind, wenn also Probleme bei Daily-CSR vorliegen, dann hilft es nichts, als Maßnahme zu Teambuilding und Add-On-CSR mit der Abteilung den örtlichen Kindergarten zu renovieren. Das wird nach hinten losgehen. Die gleiche Maßnahme kann aber das motivierende Sahnehäubchen sein, wenn Daily-CSR funktioniert. Kurz: Man kann mit CSR-Maßnahmen, meistens Add-On-CSR, keine Defizite der Unternehmensverantwortung, also Daily-CSR, kompensieren, nicht nach außen und schon gar nicht nach innen.

Unternehmen, die heute gute CSR-Maßnahmen machen, tun dies oft schon viel länger als es den Begriff überhaupt gibt. Und es ist natürlich großartig, wenn regional verwurzelte Unternehmen sich aus Tradition für die Region engagieren. Da läuft dann manchmal sogar Add-On-CSR mit Development-CSR Hand in Hand. Aber es ist nicht ratsam, auf einen Zug aufzuspringen, nur weil andere es tun. Und vor allem gibt es eben derzeit drei ‚CSR-Züge‘. Das schafft Verwirrung.

Stärken CSR-Maßnahmen das Vertrauen ins Unternehmen?
Prof. Fetzer: Bekanntlich entsteht Vertrauen langsam und wird schnell zerstört. Vertrauen wächst nicht durch CSR-Maßnahmen, sondern durch das Nicht-Enttäuschen von Erwartungen. Was ich als Daily-CSR bezeichne, hat einfach das Ziel, die Erwartungen der Gesellschaft zu kennen, selber zu bewerten und – sofern die Erwartungen berechtigt sind – nicht unnötig zu enttäuschen. CSR kann insofern vorhandenes Vertrauen rechtfertigen und bewahren.

Viele CSR Maßnahmen funktionieren aber add-on nach dem Motto ‚Tue Gutes und rede darüber‘. Damit wird hier und da auch mal Vertrauen gestärkt, aber gleichzeitig werden Erwartungen erhöht. Und je höher die Erwartungen, desto höher auch das Risiko für Enttäuschungen. Unternehmen sollten meines Erachtens zurückhaltend dabei sein, Erwartungen zu schüren, welche über die vier Kernaufgaben eines Unternehmens hinausgehen, nämlich gute Produkte und Dienstleistungen anzubieten, dieses effizient zu tun, Innovationen in die Gesellschaft zu tragen und die dabei entstehenden Risiken selber zu tragen. Das ist nämlich schon einen ganze Menge.

Lässt sich die Wirkung von CSR-Maßnahmen messen?
Prof. Fetzer: Wer den klimaschädlichen CO2-Ausstoß reduzieren will, Daily-CSR, der sollte diesen auch messen. Das ist evident und nur eines von vielen Themen, bei denen ohne Wirkungsmessung auch die Ernsthaftigkeit in Frage steht.

Es gibt aber auch sinnvolle und gute Add-On-CSR-Maßnahmen, für die es eher umgekehrt ist. Die Ernsthaftigkeit solcher Maßnahmen zeigt das Unternehmen am besten dadurch, dass es darauf verzichtet, den Nutzen für das Unternehmen überhaupt messen zu wollen. Erst so wird es glaubwürdig.

In der Forschung gibt es zahlreiche Ansätze, CSR-Maßnahmen und deren Wirkungen messbar zu machen. Dabei ist aber der Messaufwand oft größer als der Nutzen der Erkenntnis. Am liebsten würde man natürlich den Zusammenhang zwischen einzelnen durchgeführten CSR-Maßnahmen und eventuellen Veränderungen bei einem messbaren Reputationswert des konkreten Unternehmens wissen wollen. Ob sich das jemals valide messen lassen wird, möchte ich nicht abschließend beurteilen. Ich bin eher skeptisch.

Schließlich muss man auch die Frage stellen, ob die häufig vorhandene Zahlenfixierung nicht zum Selbstzweck geworden ist, eine Checklistenmentalität befördert und die Wahrnehmung von Verantwortung eher behindert. Es gibt inzwischen so viele hilfreich Tools, die beim Management von Unternehmensverantwortung helfen, vom CSR-Risk-Checker bis zur ISO 26.000. Es macht keinen Sinn, bei der Wirkungsmessung zu beginnen, bevor man wagt, etwas zu tun.

Sollten Unternehmen besser auf ausdrückliche CSR-Maßnahmen, auf Spenden und gemeinsames Engagement verzichten?
Prof. Fetzer: Keineswegs! Wenn Menschen beim ehrenamtlichen Engagement Zeit und Kompetenz spenden oder andere Menschen einfach mit Geldspenden helfen, dann ist das wunderbar. Warum sollten Unternehmen das nicht auch tun? Worauf ich hinweisen will, ist der Unterschied zwischen Engagement und Verantwortung. Wenn wir uns als Menschen aktiv für Vereine engagieren – das tun glücklicherweise immer noch viele -, und vielleicht sogar beim täglichen Einkauf nicht nur auf den günstigsten Preis, sondern sogar auf die Herstellungsbedingungen der Produkte und entsprechende Zertifikate achten – das tun einige -, aber gleichzeitig bei der Steuererklärung tricksen was das Zeug hält, dann werden wir unserer Alltagsverantwortung eben nur teilweise gerecht.

Aber niemand ist perfekt. Das wäre unmenschlich. Also sollten wir auch Unternehmen immer wieder einen Vertrauensvorschuss schenken. Und Unternehmen sind gut beraten, nicht alles messen zu wollen, sondern sich mit Vertrauen beschenken lassen und an der eigenen Vertrauenswürdigkeit arbeiten. Das betrifft vor allem Daily-CSR, auch wenn diese nicht in hell strahlende Aktionen zu verpacken ist, sondern ein mühsames und kleinteiliges Geschäft ist.

Wofür steht das DNWE?
Prof. Fetzer: Das DNWE wurde vor über 20 Jahren gegründet. Stichworte wie CSR, Compliance und Corporate Governance waren damals noch Fremdwörter, Bestechung im Ausland war noch als ’nützliche Aufwendung‘ steuerlich abzugsfähig und ‚Kartellabsprachen‘ galten als Kavaliersdelikt. Da hat sich viel verändert und nun stehen neue Herausforderungen vor der Tür. Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen haben schon und werden weiter den Fokus und die Erwartungen auch an die Wirtschaft verändern. Viele Hochschullehrer aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen, aber vor allem auch Unternehmen, zivilgesellschaftliche Akteure und Berater nutzen das DNWE als Ort des nachdenklichen und kritischen Gesprächs zu den aktuellen Entwicklungen unserer drei Themenfelder – Nachhaltige Entwicklung, Compliance & Integrität sowie eben Unternehmensverantwortung. In vielen Gremien, Ausschüssen und Podien, mit Gutachten, Studien und Forschungsergebnissen oder mit konkretem Rat gestalten unsere Mitglieder diese Themen mit – meistens mit dem Blick auf die längeren Entwicklungen denn mit dem Fokus auf schnelle Aktionen. Denn DNWE steht ja für das Deutsche Netzwerk Wirtschaftsethik, die deutsche Sektion des European Business Ethics Network.

Weitere Informationen hier

Der diesjährige Business Ethics Summit der DNWE findet am 9. und 10. Juni in Darmstadt statt. Mehr Informationen unter www.dnwe-summit.de.

 

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